Bilanztrick Kindergeld


Vorstellung des Hütchenspiels "Familienförderung"



Deutsches Kindergeld ist heute zu bedeutenden Teilen keine Subvention, sondern ein Ausgleich für die (ohne einen Ausgleich verfassungswidrige) Besteuerung des Existenzminimums von Kindern.

Das Kindergeld entspricht einer vorab ausgezahlten Steuerminderung aufgrund der Kinderfreibeträge. Es beträgt seit 2004 für das erste, zweite und dritte Kind jeweils 154 EURO und vom vierten Kind an für jedes weitere Kind 179 EURO.
Deutsches Kindergeld (35 Mrd. € 2005) ist heute zu bedeutenden Teilen keine Subvention, sondern ein Ausgleich für die (ohne einen Ausgleich verfassungswidrige) Besteuerung des Existenzminimums von Kindern. Nur der darüber hinausgehende Teil ist für die Eltern zusätzliches Einkommen. Er ist umso größer, je niedriger das zu versteuernde Einkommen ist, und macht z.B. bei einem ALG II-Empfänger 100% aus. Hartz-IV-Empfänger bekommen für ein Kind bis zum Alter von 14 Jahren 207 Euro. Danach steigt der Satz auf 279 Euro und liegt damit deutlich über dem Kindergeld von 154 Euro, das an die Eltern gezahlt wird, die ihre Kinder selbst unterhalten können. Dem hilfsbedürftigen Antragsteller wird das Kindergeld allerdings voll als Einkommen angerechnet.
Auf diese Weise wird ALG II - Bezug plötzlich Familienförderung, da der Kindergeldanteil im Sozialbudget des Bundeshaushalts verbleibt.
Allein hier kommt ein Bilanzfälschungsvolumen von knapp zwei Milliarden Euro für über eine Million sozialhilfeberechtigte Kinder zusammen.

Soweit es eine Subvention darstellt, soll das Kindergeld der Familienförderung dienen und die Eltern teilweise für ihren Aufwand entschädigen. Dieser Transferanteil des Kindergeldes beträgt ca. ein Drittel (32% = 11,2 Mrd. €) des jährlichen Auszahlungsvolumens und entlastet einkommensschwache Familien, die von der steuerlichen Freistellung des Existenzminimums nicht profitieren würden.
Gemäß Statistischem Bundesamt Wiesbaden lag im Mai 2005 das durchschnittliche Monatsnettoeinkommen von Familienhaushalten, d.h. von Paarhaushalten mit unter 18-jährigen Kindern, in der ersten Hälfte 2003 bei 3753,- €, das ergibt ein duchschnittliches N E T T O – Familienjahreseinkommen von 45.036,- €.
Im Durchschnitt enthalten sind die ca. 20% der Familien, welche von Transfers leben.
Eltern, die zusammen mindestens 62.800 Euro B R U T T O im Jahr verdienen, erhalten statt des Kindergeldes den steuerlichen Freibetrag von 5008 Euro im Jahr. Das ergibt eine Steuerersparnis von maximal 203 Euro monatlich.
Rund 2/3 der Familien welche dieses Land z.B. durch die Erwerbstätigkeit beider Elternteile mit Sozialabgaben über Wasser halten, bekommen somit zwar Kindergeld überwiesen, dieses wird ihnen mit der Steuererklärung aber tutto completti wieder abgebucht, sie erhalten keinen Cent vom Staat, was die meisten Eltern aber nicht wissen (was beabsichtigt ist).
Die tatsächliche Kinderförderung schwankt somit zwischen null und 207 Euro.
Fast niemand erhält dabei das volle Kindergeld, Hartz IV Empfängern wird das Kindergeld vom Transfersatz abgezogen und Normalverdiener erhalten gar nichts, Geringverdiener nur den Differenzbetrag zum Existenzminimum.
Trotzdem wird das Kindergeld in voller Höhe als familienpolitische Leistung im Bundeshaushalt verbucht, denn es wird ja überwiesen, dass es mit dem Lohnsteuerjahresausgleich wieder entzogen wird, trauen dem Staat zur Freude des Finanzministers die in der Regel staatsgläubigen Eltern nicht zu.
Die meisten Eltern sind somit naive Opfer eines Bilanztricks für den Manager vor Gericht kämen, denn 23,8 Mrd € (68% des Kindergeldes) haben in der Familienförderung so wenig zu suchen wie das steuerfrei gestellte Existenzminimum Erwachsener. Aber es manipuliert die familienpolitische Bilanz der Regierung und soll die Behauptung untermauern, in Deutschalnd würde im europäischen Vergleich besonders viel für Familien getan.
Bei Gesamtausgaben des Bundes 2005 von 254,3 Mrd € wurde dieser damit um 9,36% künstlich aufgeblasen, was die Zinslast des Bundes von 39,7 Mrd. € 2005 etwas relativieren hilft.
Nach einer Studie des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (2002), rechnete Rot-Grün sogar die Ausgaben der Krankenversicherungen für Abtreibungen zur Familienförderung, das hat sich bis heute nicht geändert.
184 Milliarden Euro lasse sich der Staat, so hat es die Regierung ausgerechnet, die Familienförderung jährlich kosten - wobei großzügig alles zusammengerechnet wird, was Ehepaaren und/oder Kindern irgendwie zugutekommt, absurd angesichts eines Bundeshaushaltes von 261,7 Mrd € 2006 der schon 77,43 Mrd € Zuschüsse zur Rentenversicherung enthält. Locker werden die Ausgaben für das Bildungssystem (55 Milliarden) bei den Familien fehlgebucht, obwohl es sich um Investitionen fürs Land insgesamt handelt, und auch die Witwenrente (34 Milliarden) ist sicher keine Familienförderung im engeren Sinne.

Der Kinderfreibetrag soll das Einkommen der Eltern in Höhe des Existenzminimums eines Kindes von der Steuerzahlung frei stellen. Das steuerrechtliche Existenzminimum eines Kindes wird in Orientierung an den sozialhilferechtlichen Mindestbedarf alle zwei Jahre durch das Bundesministerium für Finanzen über den Existenzminimumbericht festgelegt.
Kindergelderhöhungen sind also sowenig sozialpolitische Maßnahme wie die Anpassung des Existenzminimums Erwachsener.
Der Freibetrag beträgt derzeit rund 6.000 EURO für Verheiratete und rund 3.000 EURO für Alleinstehende.
Ob Eltern nun das Kindergeld oder den Kinderfreibetrag in Anspruch nehmen, entscheiden sie nicht selbst, sondern es wird im Rahmen des jährlichen Lohn- oder Einkommenssteuerausgleichs geprüft, ob das gezahlte Kindergeld ausreicht, um das Einkommen der Eltern in Höhe des Existenzminimums des Kindes steuerfrei zu stellen. Ist das nicht der Fall, werden der Kinderfreibetrag und der Freibetrag für Betreuung und Erziehung oder Ausbildung abgezogen und das gezahlte Kindergeld verrechnet. Die allermeisten Eltern erhalten das Kindergeld, nämlich rund 95 Prozent.
Problematisiert werden diese Regelungen und Effekte des „Kinderlastenausgleichs“ in zweierlei Hinsicht:
Zum einen wird bezweifelt, dass das steuerfrei zu stellende Existenzminimum dem tatsächlichen Existenzminimum gemessen am Sozialhilfemaßstab entspricht. Zum anderen und von größerer Bedeutung ist allerdings der Einwand, dass das Kindergeld nur einen Teil der Mindestunterhaltskosten für Kinder abdeckt.
Je älter die Kinder werden, umso höher wird der Anteil, der durch die Zahlungen nicht ausgeglichen wird. Mit der zunehmenden Höhe bei steigender Kinderzahl wurde zwar erreicht, dass diese Abweichungen gemindert werden. Allerdings steigt mit der Zahl der Kinder auch die finanzielle Belastung der Eltern, die insbesondere im unteren Einkommensbereich nicht mehr allein vom Haushaltseinkommen getragen werden können.
Auf diesen unzureichenden Wirkungen des Familienlastenausgleichs wird auch die überproportionale Armutsbetroffenheit von Familien zurückgeführt, die mehrere Kinder zu versorgen haben. Viele Familien mit Kindern müssen deshalb Sozialleistungen beziehen, weil die kindbezogenen Kosten nicht durch die kindbezogenen Ausgleichsleistungen abgefedert werden, was eigentlich im Rahmen des Familienlastenausgleichs erreicht werden soll.

Daher zeugen alle Diskussionen, die das Kindergeld als finanz- oder sozialpolitsche Verfügungsmasse thematisieren, von völliger Unkenntnis der sachlichen und verfassungsrechtlichen Gegebenheiten.
Niemand würde das steuerliche Existenzminimum Erwachsener in Frage stellen, ohne seine fachliche Reputation zu beschädigen, bei Kindern ist das ohne Ansehensverlust möglich. Diskussionen, ob Menschen die überproportional zur Erwirtschaftung des Bruttosozialproduktes beitragen (zum Beispiel voll berufstätige Eltern mit gutem Einkommen), volles Kindergeld erhalten sollen, werden ohne Not selbst in als seriös geltenden Medien geführt.

Dass Steuerpflichtige mit mehr als 52.632,-€ Einkommen einen Anspruch auf einen vollen Kinderfreibetrag haben und damit sogar tatsächlich umgerechnet ein höheres Kindergeld erhalten als ärmere Steuerpflichtige, hat mit dem vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Grundsatz der horizontalen Steuergerechtigkeit zu tun. Der besagt, dass verfassungsrechtlicher Vergleichsmaßstab nicht arme und reiche Eltern sind, sondern reiche Steuerpflichtige mit und ohne Kinder. Und weil reiche Steuerpflichtige mit Kindern nicht so leistungsfähig sind wie reiche Steuerpflichtige ohne Kinder, weil erstere ja ihr Einkommen in Höhe ihrer Unterhaltspflicht nicht frei verwenden können, müssen diese Eltern nach der Logik des Bundesverfassungsgerichts in Höhe des vollen – wiederum verfassungsrechtlich gebotenen – Existenzminimums / Kinderfreibetrags steuerfrei gestellt werden.

Alle derzeit geführten Diskussionen, das Kindergeld unter den Familien umzuverteilen, dienen ausschließlich der Ablenkung von Diskussionen über die Verantwortung Kinderloser für die nächste Generation und die durch diese verursachten Folgen der demografischen Entwicklung.

Denn eines bleibt sicher:

Die Subventionierung des kinderlosen Lebensentwurfes
ist die einzige verlässliche Konstante deutscher Familienpolitik.


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FAMILIENWEHR
November 2005
All Family-Rights Required